Friederike Jokisch – Orage en bleu, 2024, Öl auf Leinwand, 120 x 160 cm. © VG Bild Kunst Bonn
Wiedererkanntes und Überraschendes – in den neuen Bildern von Friederike Jokisch finden sich viele Elemente aus vorhergehenden Arbeiten wieder, wie das Meer und ein bildbestimmender Himmel mit windbewegten Wolken, dessen Grenzenlosigkeit und Atmosphäre auf Magisches und vielleicht Sehnsuchtsvolles hindeuten.
Im Kunstwerk der Woche aus der aktuellen Ausstellung ziehen weder Möwen oder Kraniche über die Wellen, sondern unerwartet blaue Hyazinth-Aras, deren Heimat der Amazonas ist. Zu erkennen sind sie an ihrer typischen gelben Zeichnung um Schnabel und Augen. Sonst sind sie ganz blau, als ob sie in einen Farbtopf gefallen wären. Surreale Begegnungen kennen wir in Friederike Jokisch Bildern durchaus. Ihre Motivkombinationen können fantastisch wie Szenen in einem Traum scheinen. Dabei ist die Natur die große Inspiration der Künstlerin. Es ist allerdings nicht ihr Anliegen, diese wie beobachtet abzubilden, auch weil in einem Bild viele Inspirationen zusammenfließen können. Der Anstoß zu einem Bild ist sehr oft die Faszination oder die Emotionalität einer Farbe. Nun ist es das Blau. Unter den kräftigen Farben ihrer neuen Bilder sticht es besonders hervor. Hatte sie vorher auch viel mit rosafarbenen Hintergründen gemalt, strahlt nun das Bild in unterschiedlichsten Blautönen, von Ultramarin zu Nachtblau. Und mit Weiß gemischt, löst es sich fast zu Licht auf.
Friederike Jokisch war einem Monat in Frankreich, einem Land, dass sie schon länger kennt und das sie geprägt hat. Auf dem Eröffnungsabend am Freitag hatte sie beschrieben, wie anders dort die Farben sind, dass das Licht anders durch Meer und Himmel dringt. Und dort hat sie das Blau erfahren, das wir nun in ihren Bildern sehen. Es ist das vom Himmel inspirierte Blau, dass sie hier mit den Papageien kombiniert zu einem „Unwetter in Blau“, in dem die Vögel sich scheinbar mühelos behaupten. Die Heftigkeit des Windes und der Wellen, die sich in der tanzenden Gisch zeigt, scheint in Unmöglichkeit zu dem eleganten Fliegen der Vögel zu stehen. Die in der Bildmitte nach unten fließende Farbe mit den verwischten Lichtstrahlen gibt dem Bild ebenfalls eine fast theatralische Wirkung.
Ein Sturm ist kein Hauch, doch hat der dramatische Wind ebenso wie die uns direkt ansprechenden Farben etwas mit dem „Odem“, dem Titel der Ausstellung zu tun, dem Lebenshauch, der Landschaften, Himmel und Räume durchzieht. Dieser gibt der Künstlerin Kraft und er zeigt sich in der Natur und den Farben. Und er ist es wohl auch, der in dem Bild bei aller Dramatik ein ausbalanciertes und zugleich fantasieentfaltendes Zusammenspiel zwischen Tier und Natur entstehen lässt – in einem faszinierenden Raum aus Blau.
Dr. Hanneke Heinemann