Text_Elena Sadykova_2021

Mit der ersten Einzelausstellung der in Berlin lebenden Malerin Friederike Jokisch (*1981 in Leipzig) setzt die White Square Gallery ihre traditionelle Ausstellungsreihe fort, die sich der zeitgenössischen Landschaftsmalerei widmet.
In der heutigen Zeit bekommt die Landschaft eine weitere, umfassendere Bedeutung, die nicht zuletzt mit unserer Wahrnehmung der unumkehrbaren und beunruhigenden Veränderungen in der Natur und Umwelt zu tun hat. Diese Tatsache findet einen starken Ausdruck in der Kunst der Gegenwart, dem eine Vielfalt der visionären Richtungen und Wegen entspringt, von denen manche bereits in anderen Ausstellungen der White Square Gallery präsentiert wurden.
Die Erde, Natur, Umwelt bilden den geistigen Mittelpunkt im Werk von Friederike Jokisch. Die Landschaft als zentrales Motiv begleitet, ja sogar bestimmt seit Jahren Ihre Auseinandersetzung mit der Kunst. Es ist jedoch nicht die genaue Wiedergabe des Gesehenen, die die Künstlerin an- treibt oder gar interessiert. Ihre realistisch anmutenden Landschaften und Interieurs sind keine Momentaufnahmen der konkreten, realen Umgebung, vielmehr spiegeln
sie ihre eigene Wahrnehmung des Lebens wieder, in der die Natur allgegenwärtig und unentbehrlich ist. Diese Omnipräsenz des Lebendigen und Wachsenden manifestiert sich in allen ihren Arbeiten und wird zusätzlich durch die scheinbare Abwesenheit der Menschen betont. Die menschliche Gegenwart wird jedoch keinesfalls ge- leugnet: Der Mensch wird lediglich auf seine Behausungen, Möbel-, Kleidungsstücke und einzelne Gegenstände des täglichen Gebrauchs reduziert, auf die Spuren also, die er in der seiner Umwelt hinterlässt.
Genau diesen Punkt thematisiert hier die Künstlerin, in- dem sie die Symbiose „Mensch-Natur“ genauer unter die Lupe nimmt. Und es ist nicht die die bloße Kritik oder gar die Missbilligung, die Friederike Jokisch antreibt, sondern die Neugierde und Lust auf ihre eigenen Erfahrungen. Sie spürt die intuitiven Wege und kreativen Lösungen auf, welche die künftige Entwicklung des Zusammenlebens natur- wie menschenfreundlich gestalten können.
Die aktuellen Arbeiten der Ausstellung, die uns öfter in die anderen Sphären wie Himmel oder Wasser locken, sind Visionen einer möglichen neuen Realität, in der weder Natur noch Mensch triumphieren, sondern sich zunehmend
aneinander anpassen. Diese Anpassung ist jedoch weder kampflos noch endgültig. Es brodelt ja ganz heftig in „Der großen Schweinerei“ oder sogar in den scheinbar friedlichen Formationen der himmelhoch fliegenden Kraniche. Der Kampf ist allgegenwärtig. Aber dieser Chaos ordnet sich zuweilen und nimmt harmonische Formen an, in denen die künstlichen und lebendigen Objekte plötzlich Eins werden („Gespannt“ oder „Auftreiben“). Und auch wenn diese unerwarteten Harmonien flüchtig und vorübergehend sind, sind sie wegweisend, denn sie zeichnen eine Aussicht auf, die uns – allen Ängsten zum Trotz – Mut und Zukunftsglaube einfließt.
Bereits der Titel dieser Ausstellung „…nicht irgendein Planet“, ein Zitat aus der poetischen Erzählung „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, ist eine Anspielung auf die Erkenntnis der Vergänglichkeit und Verletzbarkeit unserer Erde. Genau dieses Gefühl der Verwundbarkeit und Sehnsucht auf der einen und der Zuversicht und Hoffnung auf der anderen Seite, strahlen die meisten Arbeiten dieser Ausstellung aus. Die Wahl wird dem Betrachter überlassen.
Elena Sadykova, 2021

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